28.12.2020

Wendel: “Corona-Krise hat deutliche Spuren in den Unternehmen hinterlassen“

Jahresrückblick des Unternehmerverbandes Mittelhessen auf 2020

Den anstehenden Jahreswechsel nimmt der Vorstand des Unternehmerverbandes Mittelhessen (UVM) zum Anlass, um noch einmal einen Blick auf das turbulente Jahr 2020 zu werfen und die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen kritisch zu beleuchten. „Wir blicken auf ein bewegtes Jahr zurück, das bei uns allen beruflich und privat deutliche Spuren hinterlassen hat“, resümiert Klaus-Achim Wendel, der Vorsitzende des Verbandes. „Die Corona-Pandemie hat unsere Wirtschaft hart getroffen und wird mit ihren Auswirkungen noch jahrelang spürbar sein. Ein wichtiger Faktor für die Zeit nach der Pandemie-Bewältigung wird die Sicherung der Standortattraktivität durch gute Rahmenbedingungen für private Investitionen sein. Hier müssen klare Anreize für private Investitionen am Heimatstandort gesetzt werden. Denn nur durch Investitionen kann der Wirtschaftsstandort Mittelhessen nachhaltig wachsen, während gleichzeitig wichtige Arbeitsplätze erhalten und neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dazu dürfen die Kommunen die Steuerlast nicht erhöhen. Langfristig besser wäre es, wenn die Hebesätze bei Gewerbesteuer und Grundsteuer sinken.

Zumal mit der Aufgabe Klimaneutralität bereits die nächste Herausforderung auf die Betriebe wartet. Die geforderte raschere Senkung der CO2-Emissionen stellt unsere Unternehmen vor eine große und kaum zu bewältigende Aufgabe für die kommenden Jahre. Das erfordert vor allem im Produktionsbereich eine umfassende Neustrukturierung und damit hohe Investitionskosten. Seit der Einführung des EU-weiten CO2-Deckels vor 15 Jahren für den Ausstoß an CO2 in der Industrie haben wir die Emissionen schon stark gesenkt. Aber das waren teils die sogenannten „niedrig hängenden Früchte“. Künftig wird es schwieriger und viel teurer. Die Politik darf nicht ständig die Ziele verschärfen, denn wir wollen auch in Zukunft auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.“

Fritz Georg Rincker, stellvertretender Vorsitzender des UVM, wirft einen Blick auf die Konjunkturpakete und versprochenen Soforthilfen der Bundesregierung: „Wir begrüßen die Sofortmaßnahmen und Hilfspakete der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Unterstützung in den vergangenen Monaten. Die Notlage vieler an sich gesunder Unternehmen wurde durch finanzielle Hilfen bis Jahresende zumindest vorerst überbrückt. Dennoch kam es immer wieder zu Problemen, sodass sich in allen Branchen Unternehmen im Stich gelassen fühlten, weil sie nicht immer rechtzeitig die versprochenen Soforthilfen erhalten haben. Beispielsweise wurde den stark belasteten Gastronomen sofortige Unterstützung versprochen, für deren Beantragung zeitweise noch kein geeignetes Formular verfügbar war. Solche Prozesse sind für Unternehmer, die um ihre Existenz kämpfen, meist zu langwierig. Inzwischen wurde erfreulicherweise die Überbrückungshilfe III veranlasst, die Unternehmen, Soloselbständige und Freiberufler, die direkt und indirekt von den erneuten Schließungen betroffen sind, bis Ende Juni 2021 unterstützen soll. Wir benötigen jedoch auch hier wieder einfache Beantragungsprozesse, die dann auch für einen schnellen Abfluss der Gelder in die Betriebe sorgen. Nur so können die Hilfsmaßnahmen die Existenzen der Unternehmen sichern und die drohende Pleitewelle in den kommenden Wochen verhindern.“ '

Jürgen Timm, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender des Verbandes, blickt mit Sorge auf den fortwährenden Fachkräftemangel, der durch die momentane Lage weiter verschärft wird: „Trotz der anhaltenden Pandemie und der damit einhergehenden schwierigen Wirtschaftslage suchen die heimischen Unternehmen nach wie vor Fachkräfte und Auszubildende. So sind nach aktuellem Stand allein in der mittelhessischen M+E-Industrie noch über 100 Ausbildungs- und duale Studienplätze zu vergeben. Die Betriebe haben sich der momentanen Situation bestmöglich angepasst und führen inzwischen Online-Tests und Vorstellungsgespräche per Videokonferenz durch, um an Nachwuchskräfte zu gelangen. Das Bundes-Programm „Ausbildungsplätze sichern“ erleichtert zwar teilweise die Einstellung und das Halten von Auszubildenden für Betriebe in Kurzarbeit, muss aber an einigen Stellen noch deutlich verbessert und an die Bedürfnisse der Unternehmen angeglichen werden. Zwar wurde das Programm erfreulicherweise bereits im Dezember erweitert, ein großer Problempunkt bleibt aber weiterhin die Firmengröße. So können hier eben nur Betriebe mit einer Belegschaft bis 249 Personen diese Unterstützung in Anspruch nehmen. Einbezogen wird bei dieser Zählung allerdings die gesamte Konzernstruktur, womit zahlreiche Kleinunternehmen als Teil eines Großkonzerns keinen Anspruch auf das Hilfspaket haben. Dabei eröffnet gerade eine solche finanzielle Unterstützung seitens der Regierung häufig die Chance, Ausbildungsplätze weiterhin anzubieten oder sogar zusätzliche Angebote für die aktuelle Generation an Schulabgängern zu schaffen. Denn unseren heimischen Betrieben liegt sehr viel daran auch künftig jungen Menschen die Chance auf eine gute Ausbildung zu ermöglichen.“